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FHN #44.22: Kaufen oder Mieten?

Nov 05, 2022

Lesezeit: 4 Minuten

 

Überraschend ist es nicht, dass die Immobilie im Ranking der beliebtesten Geldanlage regelmäßig auf Platz 1 landet. Aktien, Anleihen und auch andere Wertpapiere sind im Gegensatz zur Immobilie "leider" nur auf dem Papier zu bewundern. In Immobilien hingegen wird gelebt und auch im Freundes- und Bekanntenkreis sind sie ein sehr beliebtes Gesprächsthema.

Steigende Mieten und günstige Darlehenszinsen haben dieser Fragestellung nochmal zusätzlich Dynamik verliehen und dafür gesorgt, dass Menschen bei der Altersvorsorge zuerst an Immobilien denken.

Ob dies eine gute Entscheidung ist oder nicht, hängt von sehr vielen Faktoren ab. Wir nehmen uns in der heutigen Ausgabe der Finanzhelden-News dieser Fragestellung an und liefern dir anhand einer Kundensituation und zwei Berechnungen wertvolle Entscheidungshilfen.

 

Szenario

Max und Pia (beide 30 Jahre) wohnen in Münster/ Westfalen. Für ihre 3-Zimmer-Wohnung zahlen sie aktuell 1.500 € kalt. Nun überlegen sie, aus dieser Mietwohnung auszuziehen und eine Eigentumswohnung zu kaufen. Hierzu haben sie ein Angebot für eine exklusive 4-Zimmer-Wohnung vorliegen. Der Kaufpreis beträgt 549.000€.

 

 

 

 

Um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, nutzen wir zwei unterschiedliche Berechnungen.

 

Berechnung 1

Max und Pia haben 100.000€ Eigenkapital angespart, die sie für den Immobilienerwerb einsetzen können. Darüber hinaus haben sie ein monatliches Budget von 2.500€ zur Verfügung, um die Immobilie abzuzahlen ("Einkommen zum Wohnen").

Bei der Mietwohnung zahlen sie aktuell 1.500€ Miete + 250€ Nebenkosten = 1.750€.

Für die Eigentumswohnung zahlen sie 2.100€ Darlehensrate + 250€ Bewirtschaftungs-/ Instandhaltungskosten = 2.350€

Die monatliche Ersparnis bei der Mietwohnung beträgt somit bei 2.350€ - 1.750€ = 600€.

 

 

Der Kaufpreis der Immobilie liegt bei 549.000€ + 55.000€ Nebenkosten = 604.000€. Wenn wir hier die 100.000€ Eigenkapital abziehen, benötigen Max und Pia ein Darlehen (Sollzins 3% p.a.) in Höhe von 504.000€. Dieses Darlehen zahlen sie monatlich ab und benötigen 30 Jahre und 7 Monate bis die Eigentumswohnung "vollständig" ihnen gehört.

Es ist wichtig zu betonen, dass in dieser Berechnung davon ausgegangen wird, Gelder, die monatlich nicht benötigt werden, am Kapitalmarkt anzulegen (mit 5% Rendite p.a.). Die Summe der Guthabenzinsen ist somit der Betrag, den Max und Pia im Laufe des Betrachtungszeitraums (30 Jahre) als Guthabenzinsen durch Anlage des nicht für Kauf, Bewirtschaftungs-/ Instandhaltungskosten, Darlehensrückzahlung oder Miete benötigten Einkommens erhalten haben.

 

 

 

Wenn nach 30 Jahren beide Investitionen gegenübergestellt werden, ergeben sich bei den Szenarien "Kaufen" 664.304€ und "Mieten" 1.046.338€.

Die Differenz zugunsten der Mietwohnung beträgt somit 382.034€.

Sieger: Mietwohnung

 

 

Berechnung 2

In dieser Berechnung behalten wir die grundlegenden Parameter bei. Allerdings kalkulieren wir eine jeweils 2%ige Steigerung des Einkommens, des Immobilienwertes sowie der Instandhaltungskosten und Mietkosten mit ein.

 

 

Durch diese einkalkulierten Steigerungen verändern sich die Werte grundlegend. Insbesondere der gestiegene Immobilienwert schlägt mit 994.437€ maßgeblich zu Buche.

 

 

Wenn nun nach 30 Jahren beide Investitionen gegenübergestellt werden, ergeben sich bei den Szenarien "Kaufen" 1.588.027€ und "Mieten" 1.205.767€.

Hier liegt der finanzielle Vorteil - mit 382.260€ - bei der Eigentumswohnung.

Sieger: Eigentumswohnung

 

Wie du siehst, hängt eine Berechnung immer von den hinterlegten Parametern ab und diese lassen sich bei Immobilien im Vorfeld leider nie genau vorhersagen. Von daher ist es sinnvoll, sich nicht nur auf die "nackten" Zahlen zu verlassen, sondern auch die folgenden Fragestellungen zu beantworten.

 

Diese Fragestellungen solltest du berücksichtigen

  • Möchtest du dich langfristig auf einen Ort festlegen?
  • Kannst du genügend Rücklagen für unerwartete Ausgaben bilden?
  • Kannst du alleine bzw. mit deinem Partner die monatlichen Tilgungsraten auch begleichen, wenn einer von beiden in Teilzeit arbeitet oder für ein paar Jahre komplett ausfällt ("Familienplanung")?
  • Wird die Finanzierung zum Renteneintritt abgeschlossen sein?

 

Wenn du alle diese Fragestellungen mit "ja" beantworten kannst und du dir sicher bist, ein Immobilienbesitzer werden zu wollen, dann solltest du frühzeitig mit der Planung anfangen.

Im Detail bedeutet dies:

 

Vor- und Nachteile beim Kaufen

Vorteile

  • "nutzbare" Wertanlage
  • Wertsteigerungen möglich
  • "Eigene vier Wände"
  • Sparzwang, da Kredit abbezahlt werden muss
  • Planbarkeit

 

 Nachteile

  • Fehlende Flexibilität bei Änderungen im Berufs-/ Familienleben
  • zusätzliche Kosten durch Kreditzinsen
  • Wertsteigerung nicht kalkulierbar
  • Instandhaltungskosten können steigen
  • Geldanlage mit wenig Liquidität
  • Oft hohes Eigen-/ Anfangskapital notwendig

 

Vor- und Nachteile beim Mieten

Vorteile

  • niedrigere monatliche Wohnkosten
  • Flexibilität bei sich ändernden Lebenslagen
  • Schutz durch großzügiges deutsches Mietrecht
  • Gute Möglichkeit, durch die geringere monatliche Belastung, Altersvorsorge durch Geldanlage (z.B. Fonds/ ETFs), anzusparen
  • kein bzw. kaum Eigenkapital notwendig
  • Veränderungen der Lebensumstände bzw. Lebensqualität können schnell angepasst werden (z.B. Umzug in einen anderen Stadtteil oder in eine andere Stadt)
  • Wartungs-/ Instandhaltungskosten werden überwiegend durch den Vermieter übernommen

 

 Nachteile

  • keine "eigenen vier Wände"
  • Abhängigkeit vom Vermieter
  • Steigende Mietkosten
  • Schwierige Wohnungssuche in Ballungszentren
  • Begrenzte Gestaltungsmöglichkeiten an der Immobilie 

 

 

Fazit

Es lassen sich sowohl für den Kauf als auch für die Miete Vor- und Nachteile finden, sodass eine Entscheidung nicht nur aus ökonomischer Sicht getroffen werden sollte.

Häufig ist es schlichtweg eine Lebensstilentscheidung und das "Bauchgefühl" muss passen. 😊

 


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